Montag, 21. Mai 2007

buntschatten und fledermäuse - axel brauns

Mich hat dies Buch von Anfang an gefesselt. Allein schon der außergewöhnlichen Sprache wegen ist es ein Lesegenuß.

Man begegnet Buntschatten - Menschen, die es gut mit Axel meinen, deren Stimme Klang besitzt und Fledermäusen, die ihm Unverständnis entgegen bringen, mit ihren schrillen Stimmen Geräusch verursachen, das für seine Ohren bedrohlich ist.

Ich lernte den Unterschied zwischen Lippenlärm, Geräusch, Klang und Bedeutung verstehen. Seine ganze Wahrnehmung ist anders als bei einem nicht-autistischen Menschen.
So ist z.B. Schmerz für Axel nicht nur ein unverständliches Wort, er kennt auch das Gefühl nicht. Für ihn ist es sogar eine Freude, wenn er "Anwesenheit" in seinem Fuß spürt...
Wichtige Beschäftigungen sind "lichteln" und "wischeln", wodurch Muster entstehen, die "ihre Belohnung in sich selbst fanden".
Immer wieder geschieht, was er ausdrückt als ein "die Augenblicke verschmolzen. Die Zeit ertaubte."

Im Alter von zwei Jahren zog er sich in seine eigene Welt zurück, wurde sich selbst genug. Seine "Lippen ermüdeten, die Silben verdorrten, wurden zu Staub". Mühsam erst lernt er mit Hilfe einer Sprachtherapeutin wieder Laute und Worte zu formen.

Berührend fand ich das stete Bemühen, das Unverständliche, Andersartige seiner Umwelt zu verstehen. Dort, wo es ihm nicht gelingt (was überwiegend der Fall ist) lernt er zu akzeptieren, nachzuahmen, sich anzupassen.
Erstaunlich ist es, dass die vielen Widrigkeiten der unverständlichen Umgebung ihn nicht zerbrechen, sondern er an den Herausforderungen und Niederlagen wächst und reift. Dennoch: Je älter er wird, desto mehr fällt ihm seine Andersartigkeit auf, desto sehnlicher wünscht er sich, "vollständig" zu sein.

Irgendwann stellt er fest, daß er alles, was er weiß, auswendig gelernt hat. "Alle Herausforderungen meines Lebens hatte ich gemeistert, nur an einer Aufgabe war ich gescheitert: Gefühle kann man nicht auswendig lernen." (Seite 374)

Die Unterstützung (fast dachte ich manchmal Ignoranz seiner Eltern, besonders der Mutter, seinem Autismus gegenüber) bringt ihn aufs Gymnasium, wo er sein Abitur macht. Er studiert BWL und Jura (beide Studien bewußt begonnen und abgebrochen) und wird Schriftsteller.
Für einen Auszug aus "Buntschatten und Fledermäuse" gewann er den Förderpreis der Stadt Hamburg (seine Heimatstadt) 2000.

Von Axel Brauns gibt es inzwischen zwei weitere Bücher:
Kraniche und Klopfer (Roman)
Tag der Jagd (Krimi)



PS: Am liebsten würde ich euch ganze Passagen aus diesem Buch zitieren, manche Formulierungen sind so wunderbar, sie zergehen wie Besee (Baiser) - Axels Lieblingsgebäck in Kindertagen - auf der Zunge. Aber ein bißchen was muß ja für euch noch zum Entdecken übrig bleiben...

Fazit: Absolut empfehlenswert! (Und nicht nur dann, wenn man sich für die Welt eines Autisten interessiert.)

Mein Buch


Einmal nur den Himmel berühren

nähere Infos, Bestellungen bitte per Mail an claire punkt delalune ät arcor punkt de

Aktuelle Beiträge

Salatsoße
Ich esse sehr gerne Salat - wenn die Soße gut schmeckt....
claire.delalune - 17. Okt, 19:31
frohes fest
schön mal wieder etwas zu lesen. ich wünsche der neuen...
bea (Gast) - 24. Dez, 02:45
Weihnachten
Nach über einem Jahr hier wieder ein Eintrag. Ich bin...
claire.delalune - 23. Dez, 21:38
die Sonne fehlt
Dieser Winter macht mich langsam aber sicher mürbe....
claire.delalune - 27. Feb, 10:41
Frohe Weihnachten
allen, die mehr oder weniger absichtlich oder aus Versehen...
claire.delalune - 24. Dez, 14:41

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Wetter

Archiv

Mai 2007
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
22
23
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 

Suche

 

Web Counter-Modul

Status

Online seit 7073 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 17. Okt, 19:31

Credits


ge-wetter-t
geändert
geblogt
gedacht
gefreut
gehoert
gekocht
gelebt
gelesen
gelinkt
gelistet
gemerkt
gereist
geschrieben
gesehen
getan
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren